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Verantwortung-Schlüssel zu einer agilen Transformation?

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Verantwortung – Schlüssel zu einer agilen Transformation?

Transformation eines Teams von Command & Control zu Selbstverantwortung und Agilität

David Uhlenberg

Wir brauchen selbstorganisierte und selbstverantwortliche Teams!“ – so die Aussage des Managements letztens beim Kick-off zu einer Unternehmensumstrukturierung, an der
mehrere Projekte mit rund 30 Teams beteiligt waren. Auch wenn dieses Statement ernst genommen wird und – gut gelebt – enormes Potenzial bietet, hat es in unserer heutigen
Arbeitswelt doch auch immer einen faden Beigeschmack. Peter Becker, deutscher Informatiker, bringt es auf den Punkt: „Wir bekommen keine Verantwortung übertragen, wir werden nur verantwortlich gemacht.“ Da läuft also noch immer etwas schief. Aber was? Dieser Artikel beschreibt Erfahrungen aus dem Transformationsprojekt eines Sales Teams weg von Command & Control hin zu einer agilen Arbeitsweise. Die Bedürfnisse hinter dieser Transformation waren

  • bessere Work-Life-Balance
  • mehr Freiräume für höhere Zufriedenheit
  • Mut zu innovativen Ideen
  • Entfernen von Barrieren entlang der Wertschöpfungskette

Mit einer agilen Arbeitsweise wollte das Team künftig besser auf Veränderungen in seinem dynamischen und turbulenten Umfeld reagieren können. Dazu war es nötig, flexibel und beweglich zu bleiben. Die Ergebnisse und Erfahrungen aus diesem Transformationsprojekt lieferten interessante Erkenntnisse im Hinblick auf den Begriff „Verantwortung“ und legten die diversen Herausforderungen offen, die mit Verantwortung verbunden sind.

BEGRIFFSEINORDNUNGEN

In seinem Buch „The Responsible Process“ unterscheidet Christopher Avery die Begriffe Accountability (Rechenschaftspflicht) und Responsibility (Verantwortung) und geht auf die Wirkung dieser Begriffe ein. So übernehmen wir als Person Verantwortung und werden rechenschaftspflichtig gemacht. Das Modell, das Avery vorschlägt, setzt einen starken
Fokus auf den Akt der freiwilligen Verantwortungsübernahme, aus der die persönliche, intrinsisch motivierte Aktivität entsteht, das Zukünftige zu verändern. Rechenschaftspflichtig gemacht zu werden, beruht auf dem Impuls von außen, das Geschehene zu verteidigen. Avery macht den Mehrwert der aktiven Verantwortungsübernahme klar:

„In the organization of choice, the culture focusses first on personal responsibility and then on role accountability. (…) When a leader and organization values personal responsibility over role accountability, they get much higher levels of self-leadership, self-management, personal responsibility and shared responsibility throughout the system.“

Allzu häufig sprechen wir in unseren Unternehmen von Verantwortungsübernahme, meinen aber die Verpflichtung zur Rechenschaft und fokussieren damit auf den passiven Teil der Definition. Echte Verantwortungsübernahme setzt das Vertrauen auf Menschen, die in der Lage sind, selbst zu handeln und selbstständig Lösungen zu entwickeln, weil sie die Experten in ihrem Gebiet sind. Dazu gehört, dass führende Stellen aktiv Verantwortung abgeben und andere Stellen diese Verantwortung aktiv aufnehmen.

TEAMVISION – SELBSTFORMULIERTE VERANTWORTUNG

Zurück zu unserem Beispielprojekt. Im Kick-off zur Transformation des SalesTeams formulierte das Management als Vision „Das beste Sales BackOffice aller Zeiten“ und vermittelte dieses Ziel in Form von KPIs. Dadurch forderte es direkt und indirekt ein
Leistungsversprechen ein, das dem Team in der aktuellen Situation unerreichbar schien. Einen starken Fokus legte das Management damit auf die Rechenschaftspflicht, obwohl es vom Team Innovation und Mut wünschte. Grundsätzlich kam diese positive Haltung des Managements zur agilen Transformation an, aber sie war versteckt hinter zu vielen Forderungen. Ohne das eigene Tun bewusst dem Begriff Verantwortung zuzuordnen,
unternahm das Team am nächsten Tag einen beeindruckenden Schritt: Es beschloss, eine eigene Vision zu erarbeiten, die die Punkte des Managements aufgriff, aber auf eine Art und Weise, die das Team annehmen konnte. Auf diesen Mut, Verantwortung zu übernehmen, reagierte das Management positiv; es unterstützte und stärkte das Team.

TRANSPARENZ – RECHENSCHAFTSPFLICHT VS. VERANTWORTUNGSÜBERNAHME

Für das Team war Transparenz im ersten Moment ein Zaubermittel. Über Wochen hinweg stark überlastet, wartete im Nachgang zum Kick-off sehr viel Arbeit. Statt die Aufgaben
getrennt voneinander abzuarbeiten, probierte das Team mit Unterstützung des Coaches etwas Neues: Es durchsuchte die Aufgaben nach den wichtigsten ToDos und visualisierte sie mit Post-its an der Wand. Am ersten Tag dauerte dies etwa eine halbe Stunde. Aber schnell merkte das Team, wie gut diese Zeit investiert war: Für alle sicht- und greifbar konnte das Team die Aufgaben an der Wand im Daily Meeting besprechen und priorisieren. Es erkannte Synergieeffekte und Dopplungen, organisierte Hilfe und Unterstützung selbst. Mit anderen Worten: Transparenz versetzte das Team in die Lage, Verantwortung für die anfallende Arbeit zu übernehmen, denn allen war klar, welche konkreten Aufgaben zu erledigen waren, wie sich die Teammitglieder gegenseitig unterstützen konnten und wo die Grenzen des Machbaren waren. Paradoxerweise ließ sich die gleiche Transparenz auch für etwas anderes
verwenden: Rechenschaftsabgabe. Das Management hätte die Informationen am Board als Reporting (miss)verstehen können. Das lag nicht in der Intention des Teams. Deshalb diskutierte es den Grad der Transparenz kontrovers und entschied sich, keine Namen auf die Task-Zettel zu schreiben. Transparenz entfaltet also nur im Kontext der Verantwortungsübernahme positive Kraft und wirkt negativ im Zuge der Rechenschaftspflicht.

CROSS-FUNKTIONALE TEAMS UND T-SHAPING – DAS TEAM ÜBERNIMMT GEMEINSAM VERANTWORTUNG

In der Praxis sorgen diese beiden Begriffe gerne für Verwirrung. Dabei ist es wichtig zu verstehen, auf welchen Kontext sich die Begriffe jeweils beziehen. Cross-Funktionalität ist die Fähigkeit eines Teams, mithilfe der individuellen Kompetenzen der Teammitglieder alle für die Erreichung der Vision notwendigen Tätigkeiten zu erledigen. T-Shaping bezieht sich auf die Fähigkeiten eines einzelnen Teammitglieds und beschreibt ein bestimmtes        Skill-Profil einer Person, die ein breites Grundwissen zu diversen im Team anfallenden Tätigkeiten sowie ein tiefes Expertenwissen zu bestimmten Einzelaufgaben besitzt. Zur Erreichung einer besseren WorkLife-Balance war eine ausgeglichene Verteilung der Aufgaben im SalesTeam aus unserem Beispielprojekt wichtig. Um dies zu erreichen, war ein
gemeinsames Verständnis darüber notwendig, was das Team zur Erfüllung der Vision und Ziele leisten muss und wie diese Fähigkeiten im Team verteilt sind. Mit einem weiteren Tool
für Transparenz, der Skill-Matrix, verschaffte sich das Team diesen Überblick. Es identifizierte Lücken und Engpässe und suchte nach Lösungsmöglichkeiten. Schnell wurden Stimmen laut wie „Das wollte ich schon immer mal lernen“ oder „Kannst du mir das beim nächsten Mal zeigen, dann kann ich dich auch unterstützen“. Selbstverantwortlichkeit bedeutete in diesem Zusammenhang, selbstorganisiert Lösungen zu finden. Auch wenn eine Lösung bedeutet, Unterstützung von außen zu holen, wie zum Beispiel eine Schulung zu besuchen oder zusätzliche Kollegen ins Team zu holen. Gemeinsam Verantwortung zu übernehmen, formt das Team, gibt ihm einen Rahmen und führt letztendlich dazu, dass das Team gute Leistung erbringen kann.

SERVANT LEADER – VERANTWORTUNG AUF EINER ANDEREN EBENE

Verantwortung abgeben fällt häufig schwer. Insbesondere wenn einem die Themen am Herzen liegen oder jahrelang zum eigenen Verantwortungsbereich gehörten. Verantwortung hat auch viel mit Vertrauen zu tun. Vertrauen heißt in diesem Fall „loslassen“. Dieses „Loslassen“ ist wichtig, damit jemand anderes überhaupt in der Lage ist, Verantwortung zu übernehmen. Micromanagement, häufiges Nachhaken oder kontrollierendes Einwirken reduzieren das Vertrauen und die positiven Effekte der Verantwortungsübernahme, wie etwa Selbstständigkeit und Motivation. Häufig beobachtet man auch das „Abwälzen“ von Verantwortung, gepaart mit Gleichgültigkeit, sobald eine andere Person diese Verantwortung übernommen hat. Beides hat negative Auswirkungen auf die Ausführung
der Aufgaben. Das Konzept des Servant Leaders stärkt die Verantwortungsübernahme des Teams und überlässt der Führungskraft eine andere Art der Verantwortung und Leadership. Der Servant Leader moderiert das Team zu Eigenverantwortung und Selbstständigkeit, dpunkt zu Mut und Innovation. Er hilft dem Team dabei, flexibel und offen für Veränderungen zu sein. In dieser Rolle schützt er das Team nach außen, ist integer und gibt dem Team so die nötige Sicherheit, selbstorganisiert arbeiten zu können. Er coacht statt zu herrschen und hat Kollaboration im Fokus.

REFLEKTIEREN UND VERÄNDERN DÜRFEN – VERANTWORTUNG „IN ECHT“

Aus dem strikten Command & Control kommend tat sich unser Sales-Team schwer mit der Erlaubnis, bestehende Prozesse zugunsten verbesserter Arbeitsabläufe anzupassen. Regelmäßige Retrospektiven boten dem Team nun die Möglichkeit zu reflektieren. Selbstverständlich entwickelte das Team dabei auch Ideen, die das Potenzial hatten, bestehende Prozesse zu optimieren. Doch zu Beginn schaute das Team mit der Lösung in der Hand den Coach fragend an: „Dürfen wir das denn überhaupt?“ Mit kleinen Schritten, Experimenten und messbarem Erfolg wuchsen im Team der Mut und das Vertrauen. Verantwortung im Sinne von Identifizieren von Verbesserungspotenzial war dem Team von Anfang an ein natürliches Bedürfnis, das der Coach durch Retrospektiven förderte. Der alte Führungsstil hatte selbstständiges Handeln tatsächlich unterdrückt, „echte“ Verantwortung konnte es jedoch wieder entfachen.

FAZIT

Mit diesen Erkenntnissen möchte man die Begriffe Agil und Verantwortungsübernahme fast synonym verwenden. Oder ist es nur möglich, agile Methoden und Praktiken effektvoll
einzusetzen mit der entsprechenden Verantwortungsübernahme? Oder ist
Verantwortungsübernahme besonders gut mit den Methoden und Praktiken der agilen Vorgehensmodelle möglich? Verantwortung zu übernehmen, ist die persönliche Entscheidung eines jeden Mitarbeiters – egal auf welcher Hierarchiestufe. Sie braucht im Unternehmen eine entsprechende Kultur. Es lohnt sich, gemeinsam über dieses Thema auf allen Ebenen zu reflektieren, um die positive Kraft echter Verantwortungsübergabe und -übernahme zu entfachen.

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