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Wie nutzergerechte Gestaltung und Usability Testing zu besserer Software führen

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Interview mit Thomas Geis (UXQB)

SQ Magazin: Herr Geis, was ist wichtiger für gute Software: Form oder Funktion?

Die Aussage „Form follows function“ kennt jeder und sie gilt auch für Software. Software dient dazu, Aufgaben zu erledigen: das ist die „Function“ aus Benutzersicht. Zunächst muss im Projektteam klar sein, welche Aufgaben eine Software unterstützt und wie diese aus Benutzersicht tatsächlich erledigt werden. Erst dann können Entscheidungen über die „Form“ richtig getroffen werden. Das heißt nicht, dass die „Form“ eine untergeordnete Bedeutung hat. Die Frage ist nur, womit fängt man an und wie folgt das eine auf das andere.

SQ Magazin: Wie schätzen Sie den aktuellen Stand der Dinge ein: Wie benutzerfreundlich ist Software heute und an welchen Stellen ist noch Luft nach oben? 

Man muss hier zunächst unterscheiden zwischen Software, die Business-Aufgaben unterstützt und Software, die persönliche Aufgaben unterstützt. Eine Business-Aufgabe kann sein, dass eine Person im Rechnungswesen überfällige Rechnungen verfolgt und zur Bezahlung bringt. Eine persönliche Aufgabe kann sein, dass ein Patient einen Behandlungstermin beim Arzt vereinbart.

Grundsätzlich glaube ich sagen zu dürfen, dass bei Softwareanwendungen und mobilen Apps, die für persönliche Aufgaben vorgesehen sind, Usability und User Experience überwiegend gut sind. Anders ausgedrückt kann man auch sagen, immer dann, wenn die Nutzer selbst entscheiden können, welche Software sie verwenden, stehen die Hersteller und Wettbewerbsdruck und Usability und User Experience entscheiden über geschäftlichen Erfolg

Im Bereich der Business-Anwendungen, insbesondere bei Branchenlösungen ist das leider nur zum Teil der Fall. Hier verzweifeln Benutzer nur zu häufig an ungünstiger Formulargestaltung und Terminologie, die nicht aus dem tatsächlichen Sprachgebrauch der Benutzer stammt.

Im Bereich der Barrierefreiheit mangelt es noch an allen Ecken und Enden. Hier sind interessanterweise die Richtlinien, z.B. „Web Content Accessibility Guidelines“ (WCAG) und die ISO Standards (ISO 9241-171 und EN 301 549) längst fertig und deren Anwendung testbar, aber die Projekt-Realität scheint noch mit anderen Dingen beschäftigt.

SQ Magazin: Welche Kriterien entscheiden darüber, ob eine Software benutzerfreundlich ist oder nicht? Gibt es zentrale Kriterien, die als Bewertungsmaßstab herangezogen werden können?

Wir müssen hier aus zwei Blickwinkeln auf die Softwareentwicklung schauen. Es gibt zum einen die konstruktive Qualitätssicherung (Was ist zu tun, damit die notwendige Qualität erreicht wird?) und zum anderen die analytische Qualitätssicherung (Wie stellen wir fest, dass die Qualität erreicht wurde?) Analytische Qualitätssicherung, in Hinblick auf Usability und User Experience, geschieht vorrangig durch Usability Testing. 

Im Bereich der konstruktiven Qualitätssicherung für Usability und User Experience sind gibt es zwei Kriterien, die als Bewertungsmaßstab herangezogen werden können:

  1. Die Nutzungsanforderungen (User Requirements)
  2. Die Gestaltungsregeln (User Interface Guidelines)

Nutzungsanforderungen beschreiben kontextspezifisch, was der Benutzer beim Erledigen einer Aufgabe am System erkennen, auswählen oder eingeben können muss. Beispiel: Der Flugreisende muss am System unmittelbar erkennen können, dass sich sein Abfluggate geändert hat.

Gestaltungsregeln sind kontextübergreifende Regeln, die fast immer anwendbar sind und in Design-Richtlinien wie z.B. die von Google, Microsoft und Apple zu finden sind aber auch plattformübergreifend in der ISO-Norm ISO 9241-161.

Die Einhaltung von Nutzungsanforderungen wird typischerweise durch Usability-Tests überprüft. Die Einhaltung von Gestaltungsregeln wird vorrangig durch Usability-Inspektionen am User Interface überprüft.

SQ Magazin: Wie beurteilen Sie den aktuellen Stand von Usability Testing in Projekten? Wird genug getestet?

Die Methoden zur Usability-Inspektion und zum Usability Testing sind ausgereift, aber in der Projektpraxis wird beides noch nicht ausreichend angewendet. Dies hängt mit der Planung der „menschzentrierten Gestaltung“ im Entwicklungsprojekt zusammen. Was nicht geplant wird, findet auch nicht statt. Leider spart man so kein Geld, sondern baut Entwicklungsschulden über Releases hinweg auf, die dann tragischerweise über die Zeit nicht mehr abgebaut werden können.

Gibt es Best Practices, die du Testern in Hinblick auf Human-centred Design und Usability-Tests mitgeben möchtest?

Ja. Hier gilt „Früher Vogel fängt den Wurm.“ Immer dann, wenn ein User Interface so weit ausgebaut ist, dass eine vollständige Benutzeraufgabe mit dem System getestet werden kann, muss ein solcher Usability-Test auch stattfinden. Nur so können suboptimale Designentscheidungen erkannt und korrigiert werden.

SQ Magazin: Wie kann ich diese Fähigkeiten zur Usability-Inspektion und zum Usability Testing erlernen?

Ich empfehle zunächst ein Seminar zu den Grundlagen zu Usability und User Experience (CPUX-F) bei einem anerkannten Trainingsanbieter des UXQB. Darauf aufbauend gibt es dann das Aufbauseminar „Usability Testing und Evaluation“ (CPUX-UT). Hier lernt man alle notwendigen Methoden im Detail mit zahlreichen Übungen. Alle Details hierzu sind zu finden unter www.uxqb.org.

Vielen Dank für das Gespräch.

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