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HomeKünstliche IntelligenzKI als Life Science Booster: Potenziale in Medizin, Pharmazie und Materialwissenschaft

KI als Life Science Booster: Potenziale in Medizin, Pharmazie und Materialwissenschaft

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Scheinbar plötzlich versteht KI die menschliche Sprache, schreibt Texte, generiert Bilder und komponiert Musik. Selbst die Entwicklung von Programmcode oder ganzen Maschinenbauteilen ist kein Problem. So nutzen Ingenieure bei der NASA KI, um Bauteile für den Weltraum zu entwickeln, die sich an den Formen in der Natur orientieren. Das Besondere daran ist, dass diese Bauteile um bis zu 2/3 leichter und um den Faktor zehn niedrigere Belastungskonzentrationen aufweisen als die Bauteile, die von Menschen entwickelt wurden. Dabei sind die Modelle und Ideen, die das möglich machen, gar nicht so neu. Sie stammen aus den 1950er und 1960er-Jahren. Doch heute können sie aufgrund von Rechenleistung und Daten ihre volle Macht entfalten. Plötzlich ist all das möglich, wovon die Entwickler:innen damals geträumt haben.

Die exponentielle Entwicklung von Technologie

Und plötzlich sind alle überrascht, die sich damit nicht beschäftigt haben. Das liegt daran, dass es keine lineare Entwicklung gab, wie wir sie uns als Mensch leichter vorstellen können, sondern ein exponentieller Innovationsschub erfolgte. Ein einfaches Gedankenexperiment zeigt, dass Personen jedoch so ihre Schwierigkeit damit haben, exponentiell zu denken: In einem Teich wächst eine Seerose. Sie wächst sehr schnell und verdoppelt jeden Tag den Platz an der Oberfläche, den sie einnimmt. Am 30. Tag ist der Teich zugewachsen. Wie lange dauert es, bis der Teich zur Hälfte zugewachsen ist? Intuitiv möchten die meisten mit Tag 15 antworten. Tatsächlich ist es jedoch Tag 29, an dem die Seerose den Teich zur Hälfte bedeckt.

Doch es ist nicht nur die exponentielle Entwicklung der Technologie, die die meisten überrascht, sondern genauso, was mit ihr alles möglich wird, insbesondere in regulierten Umfeldern, wie z. B. der Arzneimittelentwicklung. Schätzungen zufolge gibt es zehn hoch 60 potenzielle pharmazeutische Wirkstoffe. Das sind mehr als die Anzahl der Atome in unserem Universum. Wie sollen all diese Wirkstoffe und ihre Kombinationsmöglichkeiten in den Laboren dieser Welt jemals analysiert werden können?

Potenziale von KI für die Medizin und Pharmazie

Zehn hoch 60, die Zahl ist dermaßen erschlagend, dass es allein an den vorhandenen Laborkapazitäten scheitert, das volle Potenzial der Wirkstoffe zu heben. Pharmazeut:innen gehen daher oft von bekannten Wirkstoffen aus und überlegen, wie sich strukturelle Veränderungen an deren Molekülen auf ihre Eigenschaften auswirken könnten. Anschließend müssen sie unzählige Varianten dieser Moleküle synthetisieren und testen – und die meisten erweisen sich als Fehlschläge. KI kann diese Labortests und Fehlschläge zukünftig obsolet machen. So hat der Chemiekonzern BASF in Ludwigshafen einen Super-Computer installiert, der 1,75 Milliarden Rechenoperationen in der Sekunde durchführen kann. Für die bessere Vorstellungskraft: Das ist in etwa die Rechenleistung von 50.000 Notebooks.

BASF nutzt den Super-Computer, um Material- und Systemeigenschaften chemischer Verbindungen zu simulieren, was zuvor nur in Laboren möglich war. So kann die Zusammensetzung eines neuen Produkts aus hunderttausenden verschiedenen Inhaltsstoffen am Rechner getestet werden, bevor überhaupt ein Laborexperiment stattgefunden hat. Der oft mehrjährige Forschungsprozess kann dadurch beschleunigt, ein neues Produkt schneller entwickelt werden. Die Zukunft der Laborwissenschaft ist Data Science, Computer Science sowie virtuelle Modellierung und nicht das Schwenken von Reagenzgläsern im Labor.

Was braucht es, um die Vorteile von KI richtig zu entfalten?

Doch Rechenleistung und Algorithmen allein reichen nicht, um z. B. die Potenziale in der Pharmazie oder der Individualmedizin zu heben. Es braucht auch den Zugang zu Datenströmen, was sich insbesondere in regulierten Umgebungen und insbesondere in Europa als eine Herausforderung darstellt. Datenschutz (DSGVO) wird hier großgeschrieben. Das hat selbstverständlich seine Berechtigung, denn das Missbrauchspotenzial ist enorm. Hierbei stellt das chinesische Social Credit System sicherlich ein Extrem dar, von dem unter anderem abhängig ist, ob man eine Wohnung, eine Autozulassung oder Flugtickets ins Ausland bekommt. In Kombination
mit medizinischen Daten könnte dieses Extrem weitreichende Dimensionen erreichen, bei dem wir uns zum Beispiel der Situation stellen müssten, ob bestimmte Personen oder Personengruppen überhaupt medizinische Behandlungen bekommen oder unmoralische Nachwuchsregelung aufgesetzt werden.

Letzteres wäre nicht das erste Mal, dass sich China mit diesem Thema auseinandersetzt. Genau das will in der Europäischen Union niemand erleben. Nun ist es jedoch so, dass nur wer den Zugang zu den Datenströmen hat und diese klug miteinander kombinieren kann, auch die entsprechenden Mehrwerte für die Menschheit generieren kann. Und hier sind die Unternehmen aus den USA und China klar im Vorteil. Diese Datenräume (USA und China) bieten die notwendigen Freiheiten, um derartige Technologien zu entwickeln und zu testen, um sie dann nach Europa zu verkaufen, wenn wir so weit sind. Hierbei werden Digitalkonzerne wie Apple eine entscheidende Rolle spielen. Mit ihren Wearables haben sie eine ideale Ausgangslage, um sich geschickt zwischen Endverbraucher:innen und z. B. der Medizin zu positionieren, um Daten zu sammeln und daraus Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Und die Endkund:innen werden es mitmachen, weil es bequem ist und und sie es teilweise jetzt schon tun. Bequemlichkeit – oder in diesem Zusammenhang auch gut zu verstehen als Usability – ist etwas, das die Digitalkonzerne verstehen, denn es ist seit jeher ihr Geschäft. So z. B. die Entwicklung von Blutzuckersensoren, die per Hautkontakt den Blutzuckerspiegel im Körper messen können. Europa sieht sich einem Wettbewerb ausgesetzt, bei dem es nur mitziehen kann, wenn es entsprechende Datenräume schafft, die es erlauben, die Datenströme anonymisiert zu nutzen, um z. B. KI-Anwendungen zu entwickeln.

Datenströme – der neue Wettbewerbsvorteil?

Dies ist notwendig, da im Zeitalter der Digitalisierung ein physischer Standort kein Wettbewerbsvorteil mehr ist. Deutschland z. B. hat eine günstige geografische Lage, wenn es darum geht physische Güter in aller Welt zu exportieren. Bei Datenströmen zählt dieser Vorteil jedoch nicht. Sie fließen einfach vor sich hin, werden ständig gesammelt und an die Unter-nehmen übertragen, deren Dienste genutzt werden. Und in den meisten Fällen haben diese Unternehmen nicht in Deutschland ihren Sitz. Es muss also attraktiv werden, KI-Anwendungen in Europa zu entwickeln, um diese dann als neuen Exportschlager in die Welt zu exportieren.
Wie kann eine mögliche Förderung aussehen?

Wie können wir Innovation fördern?

Ein vielversprechendes Vorgehen bietet die Methode „Modelling of Excellence “. Das Grundprinzip besteht darin, dass Unternehmen und Innovatoren sich z. B. von anderen Branchen inspirieren lassen, und die dort gewonnen Erkenntnisse in die Hausbranche übertragen. Ein Beispiel: In Deutschland werden die Unternehmen dafür finanziell abgestraft, dass sie CO2 in die Umwelt abgeben. Auch wenn sie durch entsprechende Maßnahmen CO2 einsparen, so müssen sie trotzdem eine finanzielle Abgabe leisten.

Die Zahlung fällt zwar niedriger aus als vorher, aber es ist trotzdem eine finanzielle Belastung. In den USA hingegen werden die Unternehmen dafür belohnt, dass sie CO2 einsparen. Für jede Tonne eingespartes CO2 erhalten sie eine Steuergutschrift auf das Konto. Die Idee daraus ist nun, dass Mechanismen gefunden werden, die die Unternehmen dafür belohnen, dass sie KI-Anwendungen entwickeln, die sich z. B. selber erklären, warum und wie sie zu einem bestimmten Ergebnis gekommen sind. Alles im Einklang mit dem europäischen Datenschutz. Solche Unternehmen könnten dann den Zugang zu besonders sensiblen Daten bekommen, um ihre Anwendungen zu verbessern. Unternehmen, die das nicht leisten können, bleiben außen vor.

Fazit

Es liegt noch ein langer Weg vor uns, gerade in Deutschland, wie wir mit KI und sensiblen Daten umgehen wollen und können. Wir sollten uns jedoch bewusst werden, dass andere Länder diese Entwicklungen initial prägen werden und wir uns von deren schnellen Innovationsiterationen nicht abhängen lassen dürfen.

Über den Autor:


Georg Redekop
ist Wirtschaftsingenieur für Elektrotechnik und Experte für digitale Transformation. Mit seinen Impulsen setzt er sich aktiv dafür ein, Menschen für die Möglichkeiten der Digitalisierung zu begeistern. Dabei legt er besonderen Wert auf technologische Trends wie Low-Code und Künstliche Intelligenz sowie digitale Geschäftsmodelle und deren Auswirkungen auf die Arbeits-welt. Sein Motto: “Lasst uns spielen, um zu gewinnen.” Er ist Teil der Digitalagentur-Niedersachsen, einer Initiative des Innovationszentrums Niedersachsen.

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