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Diversität in (Software-)Unternehmen für ein gutes Arbeitsumfeld und noch bessere Produkte

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Diversity und Inklusion als Unternehmensziele können sich positiv auf das Markenimage auswirken. Doch was, wenn Diversität nicht nur ein Aushängeschild, sondern ein echter Wettbewerbsvorteil ist?

Wir gehen einen Schritt weiter und behaupten, dass von Diversity nicht nur Umsätze und Reputation profitieren, sondern dass sie einen zentralen Aspekt wirklich guter Produkte darstellt. Unternehmen, die Vielfalt einbinden, schaffen ein faireres Umfeld für alle. Auch Effizienzsteigerung und kreative Lösungsansätze können durch diverse Teams gefördert werden.

Ein reales Beispiel aus der Software-Entwicklung für die Logistikbranche zeigt, wie das Potenzial von Diversity weiter reicht als für hohe Umsätze und guter Ruf:

Für Mitarbeitende des Lagers wurde eine App entwickelt, die die Arbeit erleichtern soll – es aber nicht tat, weil die App kaum verwendet wurde. Unter Hinzunahme eines externen Teams erfolgten erneut Audit, Briefings und Interviews in ein neues und optimiertes Konzept, das den spezifischen Anforderungen einer diversen Belegschaft im Lager gerecht wurde. Die Zielgruppe waren Lagerarbeitende mit vielfältigen Merkmalen und Bedürfnissen wie Körpergröße, Altersgruppe, kognitive und körperliche Behinderungen, Bildungsniveau und Sprachkenntnisse. Für sprachliche Hürden bot die Software eine einfache Sprache und die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Sprachen zu wählen, was die Nutzung für Mitarbeitende mit Migrationserfahrung erleichterte. Das Design berücksichtigte visuelle Kontraste und eine intuitive Symbolsprache, sodass alle Anwendenden unabhängig von Bildungsstand, körperlicher Verfassung oder kulturellem Hintergrund problemlos navigieren können. Da Lagerarbeit auf maximale Effizienz ausgerichtet ist, wurde die Software so gestaltet, dass sie für alle zeitsparend und leicht bedienbar ist. Ganzheitliche Prozesse wurden mithilfe des externen Teams optimiert und vereinfacht.

Das Ergebnis: Eine inklusive Softwarelösung, die tatsächlich verwendet wurde und die Erkenntnis, Diversität möglichst frühzeitig in den Entwicklungsprozess einzubeziehen. Die UX spiegelte typische Arbeitsprozesse wider und adressierte gleichzeitig jedes individuelle Bedürfnis.

Ziel war es hier, Arbeitsabläufe zu optimieren, damit sich alle Mitarbeitenden wohlfühlen und dementsprechend auch leisten wollen. Neben der Steigerung von Effizienz können Unternehmen, die sich um das Wohlergehen der Belegschaft kümmern, signifikant höhere Chancen, ihre Fachkräfte zu binden und neue zu finden – Gut zu wissen!


Wie Diversity zu besseren Software-Produkten führt

Ein wichtiger Faktor für erfolgreiche Produktentwicklung ist die kognitive Diversität, also die Vielfalt an Denkansätzen und  Problemlösungsstrategien, die Mitarbeitende einbringen. Eine 2017 im Harvard Business Review veröffentlichte Studie zeigt, dass kognitiv diverse Teams Aufgaben deutlich schneller und effizienter lösen können als homogene Teams, da sie Annahmen hinterfragen und komplexe Probleme aus verschiedenen Perspektiven beleuchten. Die Autorenschaft der Studie plädiert daher für crossfunktionale Teams und eine Unternehmenskultur, die ein authentisches Einbringen der eigenen Perspektive und Persönlichkeit fördert. In der Software-Entwicklung bedeutet dies konkret, dass inklusive Lösungen schneller und proaktiver entstehen, da diverse Teams potenzielle Barrieren frühzeitig identifizieren und adressieren. Umso bedeutender sind hier Maßnahmen, um die Diversität von Softwareteams zu erhöhen und so multiple Perspektiven von Anfang an zu integrieren.

Bereits in den 1980er Jahren entstand mit Design Thinking ein kreativer Innovationsprozess, der den Menschen und seine Bedürfnisse in den Fokus stellt, statt nur die Lösung oder Produktkomplexität zu betrachten. Geschäftsmodelle werden aus Nutzerperspektive neu gedacht und Probleme mit interdisziplinären Teams gelöst. Diversität als Teil des Lösungsansatzes ist demnach kein neu erfundenes Konzept, jedoch lange noch nicht ausgeschöpft.

Die Produktentwicklung in der Software-Entwicklung war und ist bis heute von einem unbewussten Fokus auf eine Zielgruppe geprägt: männlich, jünger und körperlich uneingeschränkt. Somit wird auch Software oft für eine limitierte und dadurch homogene Zielgruppe entwickelt. Eine Begründung ist, dass der Anteil männlicher Teammitglieder in der Software-Entwicklung und IT höher ist als der weiblichen und so unbewusst männliche Perspektiven reproduziert werden und dominieren. Dadurch sind weitere wichtige Nutzungsgruppen, darunter ältere Menschen, Frauen oder Menschen mit Behinderungen oder Migrationserfahrung, nicht ausreichend berücksichtigt. Dies spiegelt sich auch in Produkten wider: in der Abwesenheit individueller Einstellungen für verschiedene Voraussetzungen und Bedürfnisse.

Sieben Kerndimensionen der Diversität:

  1. Alter,
  2. ethnische Herkunft und Nationalität,
  3. Geschlecht und geschlechtliche Identität,
  4. körperliche und geistige Voraussetzungen,
  5. Religion und Weltanschauung,
  6. sexuelle Orientierung
  7. soziale Herkunft

Unternehmen beschäftigen sich aus verschiedenen Gründen mit Diversity und Inklusion. Gesetzliche Vorgaben spielen eine Rolle, ebenso wie Studien, die diversen Unternehmen wirtschaftliche Vorteile attestieren. Dabei ist die Einführung von Diversitymaßnahmen nicht nur ein Ausdruck sozialer Verantwortung, sondern auch strategischer Wettbewerbsvorteil: Studien belegen, dass diverse Teams zu kreativeren und schnelleren Problemlösungen kommen, dass Unternehmen mit vielfältigeren Führungsebenen eine höhere Innovationsrate aufweisen und dass Diversity sich positiv auf das Unternehmensimage und die Rekrutierung auswirkt. Einer Erhebung von McKinsey zufolge haben Unternehmen mit ethnischer und geschlechtlicher Diversität in der Führungsebene eine um 35 % höhere Wahrscheinlichkeit, überdurchschnittliche Gewinne zu erzielen.

Ein vielfältiges Team kann eine breite Perspektive einnehmen und so Produkte und Dienstleistungen entwickeln, die eine größere Zielgruppe ansprechen. Für viele Unternehmen bedeutet Diversity auch, attraktiv für ein breiteres Spektrum an Bewerbenden zu sein und dadurch besser auf dem Arbeitsmarkt zu bestehen.

Roadmap: Diversitymaßnahmen erfolgreich umsetzen für größten Outcome und beste Produkte

Im Zusammenhang mit der Implementierung von Diversitymaßnahmen taucht das Akronym DEIB häufig auf und umfasst Diversity, Equity, Inclusion and Belonging. Damit werden organisationale und unternehmerische Rahmenbedingungen beschrieben, die Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen unterstützen und bestärken sollen. Statt einer passiven Top-Down-Entscheidung muss es als Wertsystem im Unternehmen verankert und von der Führungsebene bis hin zu den einzelnen Mitarbeitenden gelebt werden. Nur die aktive und individuelle Auseinandersetzung mit den Inhalten mündet in glaubwürdige Einstellungen, Verhalten und letztendlich Produkte.

Die Implementierung von Diversity-Maßnahmen in Unternehmen ist ein komplexer Prozess, der weitreichende Veränderungen in der Unternehmenskultur, der Personalpolitik und den Geschäftsabläufen erfordert. Um die positiven Effekte von DEIB für die Entwicklung von Softwareprodukten nutzen zu können, müssen Unternehmen einige zentrale Erfolgsfaktoren beachten.

1. Verankerung von Diversity in der Unternehmenskultur und Entwicklungsprozessen

  • Frühe Einbindung von Diversity in den Entwicklungsprozess: Diversity sollte nicht erst am Ende einer Entwicklungsphase nachträglich geprüft werden, sondern von Beginn an eingebunden sein. Nötig sind inklusive Produktspezifikationen wie Leichte Sprache und ausführliche User Research.
  • Förderung einer inklusiven Feedback-Kultur: Entwicklerteams sollten aktiv dazu ermutigt werden, vielfältige Perspektiven in den Prozess einzubringen und Gehör finden

2. Aktive Unterstützung durch das Management und auf allen Ebenen

  • Verantwortung der Führung für inklusives Produktdesign: Führungskräfte und Projektleitungen sollten Diversity nicht nur fördern, sondern auch aktiv in der Produktstrategie in Form konkretisierter Ziele verankern
  • Verfügbarkeit für inklusive Entwicklung: Schulungen und Ressourcen, damit der Entwicklungsprozess inklusiv gestaltet werden kann – ob durch Accessibility-Standards, Usability-Tests mit diversen Zielgruppen oder gezielte UX-Research

3. Einrichtung und Förderung von Employee Resource Groups (ERGs)

  • Spezifische ERGs für Inklusion in der Softwareentwicklung: ERGs für unterrepräsentierte Gruppen wie Frauen in der IT, queere Netzwerke oder Gruppen für Mitarbeitende mit Behinderung, können gezielt Rückmeldung und Perspektiven zur Produktnutzung und -entwicklung geben
  • Crossfunktionale Zusammenarbeit in diversen Teams: Teams mit z. B. kognitiver oder kultureller Vielfalt sind geeignet für die Entwicklung innovativer Softwareprodukte durch unterschiedliche Problemlösungsansätze

4. Schulungen und Sensibilisierung für inklusive Softwareentwicklung

  • Trainings zu inklusivem Design und Barrierefreiheit: Regelmäßige Schulungen in barrierefreien Designprinzipien und interkultureller Kommunikation
  • Technisches Training in Standards für Barrierefreiheit: Dazu gehören in etwa die Berücksichtigung von WCAG-Standards (Web Content Accessibility Guidelines)
  • Shadowing als Methode, um Arbeitsprozesse neutral zu beobachten und Workarounds aufzudecken

5. Langfristige Planung und Evaluierung für inklusive Software

  • Erstellung eines langfristigen Diversity-Aktionsplans für Entwicklungsteams: Ein strukturierter Diversity-Plan kann sicherstellen, dass Inklusion kontinuierlich in die Code-Basis und die Produktentwicklung integriert wird
  • Regelmäßige Auswertung von Nutzungsdaten und Feedback von diversen Usern:  Die Analyse von Feedback und Nutzungsdaten ermöglicht es, Software zu verbessern und an die Anforderungen einer diversen Kundschaft anzupassen.

Bei der Umsetzung hilft oft die Konsultierung externer Teams, die eine neutrale und vor allem frische Perspektive mitbringen. Optimalerweise wird Diversity didaktisch als Konzept vermittelt und über die eigene Reflektion verstanden. Die individuelle Auseinandersetzung ist zentral und kann nicht einfach „von oben“ diktiert werden. Neben der Sensibilisierung für die verschiedenen Dimensionen von Vielfältigkeit sollten Ziele konkretisiert, theoretische Ansätze in operationalisierbare Tasks und übersichtliche, messbare Ziele transformiert und anschließend evaluiert werden. So können Entwicklungsteams geschult werden, um Diversity von Anfang an bei der Softwarekonzeption zu berücksichtigen. Damit werden entlang des ganzen Prozesses Kapazitäten und Ressourcen gespart und zielgerichtet gearbeitet. Der größte Benefit bleibt jedoch: inklusive Software begegnet individuellen Bedürfnissen. Je mehr einzelne Bedürfnisse angesprochen und abgedeckt werden, desto höher die Anzahl der Menschen, die das Produkt nutzen können.

Wir brauchen also einen Paradigmenwechsel. Statt Software zu produzieren, die sich an einer homogenen Gruppe orientiert und für andere nur mit Hilfsmitteln zugänglich ist, sollten wir Softwareprodukte bedürfnisorientiert konzipieren und so von Anfang an alle erreichen. In salopp und einfach: “Wenn jede oder jeder sich denkt, ist ja an alle gedacht!” Daher sollten Unternehmen ganz explizit bei der Konzeption auf diverse Perspektiven achten, ob unternehmensintern oder unter Hinzunahme externer Expertisen.

Referenzen:

  1. Cognitive diverse Teams & success | Harvard Business Review
    https://hbr.org/2017/03/teams-solve-problems-faster-when-theyre-more-cognitively-diverse
  2. Gender Health Gap | Universität Wien 
    https://www.meduniwien.ac.at/web/ueber-uns/news/2024/news-im-maerz-2024/frauen-leben-deutlich-laenger-in-schlechter-gesundheit-als-maenner/
  3. Charta der Vielfalt
    https://www.charta-der-vielfalt.de/
  4. Diversity Ursprung und Entwicklung | Zentrum für kulturelle Teilhabe Baden Württemberg
    https://kulturelle-teilhabe-bw.de/themen/dossiers/diversity-2
  5. Diversity Dimensionen | Technische Universität Chemnitz
    https://www.tu-chemnitz.de/tu/diversity/dimensionen.html
  6. Gesetze und Richtlinien international, EU & Deutschland | Freie Universität Berlin
    https://www.genderdiversitylehre.fu-berlin.de/ressourcen/rechtlich/index.html
  7. Cognitive Diversity | Stanford University
    https://www.gsb.stanford.edu/exec-ed/difference/cognitive-diversity
  8. DEIB (Diversity, Equality, Inclusion, Belonging) | Pennsylvania University
    https://hr.psu.edu/current-employee/deib/definition
  9. ERGS (Employee Resource Groups) | McKinsey
    https://www.mckinsey.com/capabilities/people-and-organizational-performance/our-insights/effective-employee-resource-groups-are-key-to-inclusion-at-work-heres-how-to-get-them-right

Über Ha-Phuong Nguyen & Lukas Funk:

Interkontinental aufgewachsen und interkulturell interessiert setzt Ha-Phuong Nguyen als Co- Founderin von Noblesse Oblique ihr Wissen in Germanistik in Form digitaler Kommunikationskonzepte um. Durch die Ausrichtung auf Inklusion arbeitet sie oft mit Leichter Sprache in Zusammenhang mit Usability und schafft so relevante wie zugängliche Kommunikation.

Der IT-Generalist Lukas Funk kennt sich besonders mit aktuellen technologischen Entwicklungen aus und feilt immer an Methoden, um diese zu vermitteln: sei es durch Grafik, Text, Tools. Mit seinem Background in Computerlinguistik und als Teil von Noblesse Oblique sorgt er für mehr (digitale) Teilhabe für alle. Besonders wohl fühlt er sich bei Fragestellungen rund um Diversity und Allyship.

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